Deep Work: Wie Sie sich Zeit für effektives Arbeiten schaffen

Please do not disturb – für Deep Work brauchen wir Ruhe

In unserer modernen, digitalen Arbeitswelt sind die Ablenkungen groß: Alle unsere Tools benachrichtigen uns ständig, dass etwas Neues passiert ist, wir bekommen neue Aufgaben über unterschiedliche Tools vermittelt etc. Die Folge: Wir arbeiten nicht mehr konzentriert und erledigen dementsprechend nichts. Wir müssen unser Arbeitsverhalten ändern, damit wir nicht Sklaven der Tools werden, sondern diese für uns arbeiten.

„Freitags arbeitest du ja nicht“, meinte letztens eine Kundin zu mir, weil sie keine Termine bei mir buchen konnte. Dies ist nicht ganz richtig – ja, freitags bin ich nicht erreichbar, aber nicht, weil ich frei habe. Vielmehr arbeite ich fokussiert an einem Thema. Deep Work heißt der Schlüssel.

Zeit für die eigentliche Arbeit 

Ich nehme mir jede Woche bewusst Zeit und kümmere mich um die Weiterentwicklung meines eigenen Unternehmens. In dieser Zeit beschäftige ich mich mit neuen Tools und digitalen Arbeitstechniken, bilde mich fort oder schreibe Blogartikel wie diesen. Keine Ablenkung! Nur „etwas schaffen“, kurz: Deep Work. 

Informations-Overkill

Ablenkungen sind in der digitalen Welt groß: Wir bekommen Nachrichten über Microsoft Teams, Slack, per E-Mail oder via WhatsApp. Natürlich enthalten diese Nachrichten immer wieder Aufgaben, die wir erledigen sollen.

Viele Tools sind  so angelegt, dass wir möglichst schnell die Nachrichten beantworten können. Und wir tun das auch häufig, denn es ist ja bestimmt wichtig, dass der andere direkt eine Antwort bekommt. Oder? Dazu kommt: Alle Dienste helfen uns auf die Sprünge, damit wir möglichst nichts verpassen und schicken uns entsprechende Benachrichtigungen. Alarm, es gibt etwas für uns zu tun! Dies erhalten wir auf unseren Smartphones oder auch am Rechner. Klingt doch super, oder? 

Diese Dauerbeschallung führt nachweislich zu einer weniger produktiveren Arbeit. Ich nenne das Prinzip Informations-Overkill – neue Tools sorgen dafür, dass wir viel mehr Benachrichtigungen bekommen, als wir verarbeiten können. Dies führt auch dazu, dass wir versuchen, sofort Nachrichten zu beantworten, damit das Thema für uns erledigt ist. 

Dadurch kommen wir mit unserer eigentlichen Arbeit nicht weiter – wir hatten ja auch schon Aufgaben, bevor die Nachricht in Teams dazu kam. Die Folge: Wir schaffen weniger. To-dos bleiben unerledigt und türmen sich vor uns auf. Das ist nicht nur unbefriedigend, sondern schadet auch der gesamten Arbeit und damit dem Unternehmen.

Mehr Konzentration, gezielte Kollaboration!

Ein Weg aus dieser „Krise“: Deep Work. Der Begriff wurde geprägt vom Autor Cal Newport. Er schreibt in seinem Buch „Deep Work“, dass wir die Kollaboration der Konzentration vorziehen. Und ja, das muss ich unterstützen, auch wenn ich Unternehmen den Einsatz verschiedener Kollaborationssoftware wie beispielsweise Microsoft Teams empfehle. 

Dies mag zuerst einmal wie ein Widerspruch klingen – ist es aber nicht, denn ich plädiere immer für konkrete Regeln beim Umgang mit der Software. Diese sollten auch beinhalten, wie schnell eine Rückmeldung erfolgt und ob Mitarbeiter:innen immer über die neuen Tools erreichbar sein müssen (Nein, müssen sie nicht!). Gegenüber meinen Kunden verspreche ich eine Rückmeldung innerhalb eines Werktages. Das reicht in der Regel völlig aus. Eine Rückmeldung kann auch heißen, dass ich signalisiere, ich habe die Aufgabe gesehen und werde mich darum kümmern!

Deep Work: Keine Benachrichtigungen, keine Mails, kein Telefon!

Deep Work schafft hier den Raum für die Konzentration. Für einen gewissen Zeitraum gibt es keine Benachrichtigungen in den Tools, werden keine Mails gelesen und auch – das wird noch häufig unterschätzt – keine Anrufe angenommen. Auch Anruf sind Störer. Warum darf jemand entscheiden, dass sein/ihr Anliegen wichtiger ist, als dass woran wir gerade arbeiten? Jeder Anruf bringt uns aus unserer Konzentration.

Tipp: Im Unternehmen sollte es Zeiten geben, wann wir unsere Kolleg:innen anrufen können. Wer Deep Work durchsetzen möchte, muss auch kommunizieren, wann er/sie erreichbar ist. Eine Grundvoraussetzung dafür, dass Deep Work funktioniert! Alle Mitarbeiter:innen müssen sich einteilen können, wann sie diese Option nutzen, wann sie sich ausklinken.

Wer ein wirklich wichtiges Anliegen hat, kommt auch zu mir durch!

Viele Kommunikationstools – und auch Smartphones – bieten die Möglichkeit in einen Ruhe- oder Nicht-Stören-Modus umzuschalten. In dieser Zeit werden keine Benachrichtigungen verschickt. In den neuesten Versionen ermöglichen beispielweise die Apple Betriebssysteme einen automatisierten Fokus-Modus. Dabei kann definiert werden, welche Nachrichten Sie erreichen. Der Rest wird ausgeblendet.

Dieser Zusatz, dass bestimmte Nachrichten und Anrufe uns dennoch beim Deep Work erreichen können, finde ich extrem wichtig. Meine Frau und der Kindergarten unserer Tochter kommen mit einem Anruf jederzeit bei mir durch. Meine Frau kennt meine Arbeitsweise und ruft nur in Notfällen an.

Aufmerksamkeitsverluste durch ständiges Lesen von Nachrichten

Unabhängig von Deep Work-Phasen sollten Mitarbeiter:innen versuchen, Nachrichten nur zu bestimmten, selbst festgelegten Zeiten zu lesen und zu bearbeiten. Denn jedes Mal, wenn wir uns mit einem Thema beschäftigen und uns eine Nachricht ablenkt, brauchen wir bis zu fünf Minuten, um uns wieder voll ins Thema zurück zu denken. Newport spricht in diesem Zusammenhang von „Attention residue“, dem Aufmerksamkeitsrückstand. Dadurch, dass wir zwischen den Programmen wechseln, schaffen wir es nicht uns zu konzentrieren.

Wir dürfen uns beim Deep Work nicht selbst im Weg stehen!

Wenn wir die äußeren Faktoren, die unsere Arbeit unterbrechen, ausschalten, dann kriegen wir endlich etwas geschafft. Wenn, ja wenn wir uns nicht manchmal selbst im Wege stehen würden. 

Prokrastination oder Aufschieberitis wird dieses Phänomen gerne genannt: Wir machen etwas anderes, lesen schnell die neusten Nachrichten oder gucken einmal kurz in die Sozialen Netzwerke (Och, ein neues Video, das gucke ich noch und dann fange ich an!). Gerade die Sozialen Medien bieten eine Menge Ablenkung bzw. Platz für Prokrastination. Denn schnell ist eine Viertel- oder Halbestunde um, in der wir nichts erledigt haben. Dieses Problem betrifft nicht jede:n von uns, aber es tritt immer häufiger auf. 

Manchen hilft dagegen die Pomodoro-Methode, benannt nach einem Timer in Tomatenform. Bei dieser Methode zwingen Sie sich dazu, 25 Minuten ohne Ablenkung zu arbeiten und machen dann 5 Minuten Pause, um sich selbst zu belohnen (mit Prokrastination). Dies wiederholen Sie 4x und machen dann eine längere Pause. Mit ein bisschen Übung kann jede:r so diesen internen Faktor der Arbeitsunterbrechung ausschalten.

Swallow Work – die kleinen Aufgaben, die uns immer beschäftigen

Natürlich haben wir nicht nur Arbeit, für die wir über Stunden nicht erreichbar sein müssen. Es gibt auch viele kleinere Aufgaben, wie dem Beantworten von Mails oder Nachrichten in Teams etc. Swallow Work nennt Newport diese leichte Arbeit, bei der wir uns auch unterbrechen lassen dürfen. Das ist die Zeit, in wir erreichbar sind. Deep und Swallow Work sollten sich ergänzen.

Wie integrieren wir Deep und Swallow Work in den Arbeitsalltag? Häufig sind Tage und Aufgaben unterschiedlich. Mal ist ein Tag von Meetings geprägt, mal haben wir mehr Zeit und können konzentriert arbeiten und manchmal müssen wir uns auch einfach um den Kleinkram kümmern. 

Swallow und Deep Work-Phasen können sich dementsprechend mit Meetings abwechseln. Die Länge der einzelnen Phasen hängt bei jede:m von den zu erledigenden Aufgaben ab – und kann sich auch täglich verändern.

Klare Regeln, klares Nein!

Natürlich sind klare Regelungen im Umgang mit modernen Tools gefragt. Klare Regeln die auch eine „Mitteilungs-freie Zeit“ ermöglichen. Aber auch die Möglichkeit „Nein“ zu sagen ist wichtig. Und hier komme ich zurück zu meinem Deep Work-Freitag. Hier sage ich sehr häufig nein. Nein zu Meetings, vielleicht auch nein zu einem Gespräch über ein spannendes neues Projekt. Dies muss dann wann anders stattfinden.

„No is a no to one thing. Yes, is no to a lot of Things”, sagt Jason Fried, CEO der Projektsoftware Basecamp, dazu. Und wenn ich Ja zu einem Meeting am Freitag sage, dann sage ich mindestens auch nein zu meinen Deep Work-Phasen. Also nein zu einer produktiven Arbeitsweise, denn ich müsste mich immer dann direkt fragen, wann ich das sonst erledigen möchte.

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TED-Vortrag von Jason Fried zum Thema, warum wir nichts erledigt bekommen

Zum Ende

Moderne Tools helfen uns dabei die Arbeit zu strukturieren. Sie wird dadurch nicht weniger, sondern oftmals mehr. Wir müssen klarer fokussieren, wann wir wirklich tief in eine Materie einsteigen und wann wir „Nebenbei-Arbeiten“ erledigen. Dies alles gehört zu einem modernen Arbeiten dazu. Die Einführung von Kollaborationstools ist sinnvoll, klare Regeln sollten es aber allen Mitarbeitenden ermöglichen, sich nicht verpflichtet zu fühlen, direkt zu antworten.

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Titelbild Copyright: belchonock